Bislang war es in der juristischen Rechtsprechung und Literatur höchst umstritten, ob ein Bauvertrag aus wichtigem Grund gekündigt werden kann, wenn der Auftragnehmer in Insolvenz gerät. In § 8 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B ist ein solches Kündigungsrecht ausdrücklich u.a. für den Fall vorgesehen, dass der Auftragnehmer einen Insolvenzantrag stellt.
Die Zweifel an der Wirksamkeit eines solchen Kündigungsrechts bestanden vor dem Hintergrund des gesetzlichen Wahlrechts des Insolvenzverwalters. Denn nach § 103 InsO kann der Insolvenzverwalter grundsätzlich entscheiden, ob die vertraglichen Verpflichtungen des Insolvenzschuldners (also auch solche aus einem Bauvertrag) noch erfüllt werden sollen oder die Erfüllung abgelehnt wird. Ein außerordentliches Kündigungsrecht des Auftraggebers eines Bauvertrages ist geeignet, die Ausübung dieses Wahlrechts einzuschränken bzw. zu vereiteln.
Der BGH hat nun in seinem aktuellen Urteil vom 07.04.2016 (Az. VII ZR 56/15) entschieden, dass ein entsprechendes Kündigungsrecht des Auftraggebers gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B jedenfalls dann bestehe, wenn der Auftraggeber selbst einen Insolvenzantrag gestellt habe. Daher könne ein entsprechendes Kündigungsrecht auch wirksam in Bauverträgen vereinbart werden; die insolvenzrechtlichen Vorschriften stünden dem nicht entgegen und eine derartige Regelung sei auch nicht als Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam.
Aus der Perspektive der Auftraggeber ist diese klarstellende Entscheidung des BGH sehr zu begrüßen, denn hiermit können in solchen Fällen künftig unsichere und kostenintensive Schwebezustände während der Bauausführung vermieden werden. Hinsichtlich anderer Vertragsarten und Fallkonstellationen lässt sich dieser Entscheidung des BGH jedoch nichts eindeutiges ableiten, da in den Urteilsgründen ausdrücklich nur die bauvertraglichen Besonderheiten beleuchtet werden. Es bleibt somit offen, ob sich in der weiteren Rechtsprechung auch in anderen Bereichen eine grundsätzliche Anerkennung von Kündigungsrechten im Fall der Insolvenz des Vertragspartners durchsetzen wird.
Für Rückfragen zu diesem Thema steht Ihnen Herr Dr. Andreas Beutin als Ansprechpartner zur Verfügung.