„Großzügige Behandlung“ von Betriebsräten kann strafbare Untreue sein

Mitglieder eines Betriebsrats dürfen wegen ihrer Tätigkeit als Betriebsrat weder benachteiligt noch begünstigt werden (§ 78 S. 2 BetrVG). Sie führen ihr Betriebsratsamt unentgeltlich als Ehrenamt aus und sind für diese Tätigkeit von der Arbeitspflicht unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts befreit (§ 37 BetrVG). Arbeitgebern, die Betriebsräte wegen ihrer Tätigkeit benachteiligen oder begünstigen, können mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft werden (§ 119 BetrVG). die Strafvorschrift führt nicht nur wegen der geringen Strafdrohung, sondern auch deshalb ein Schattendasein, weil die Tat nur auf Antrag verfolgt wird. – Dass eine gezielte Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern auch eine strafbare Untreue der Unternehmensführung zum Nachteil des Unternehmens nach § 266 StGB sein kann, die von Amts wegen verfolgt wird und mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bedroht ist, urteilte der BGH in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung vom 10.1.2023 (6 StR 133/22).

Der BGH hatte sich mit der Vergütung langjähriger, zu 100% von der Arbeitspflicht freigestellter Betriebsratsmitglieder zu befassen, die in ihrer Funktion zugleich Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Gesellschaft waren und nach Entgeltstufen des Managements mit entsprechend hohen Gehältern und Boni vergütet wurden. Der BGH sah darin einen Verstoß gegen § 78 S. 2 BetrVG. Die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern sei nach dem Arbeitsentgelt von Arbeitnehmern zu bemessen, die eine vergleichbare fachliche und persönliche Qualifikation und Tätigkeit hätten, wie das Betriebsratsmitglied sie vor Aufnahme seiner Tätigkeit im Betriebsrat hatte. Bei langjährig freigestellten Betriebsratsmitgliedern bemesse sich die betriebsübliche Vergütung und deren Entwicklung im Laufe der Jahre nach normaler betrieblicher und personeller Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer im Unternehmen. Auf sogenannte Sonderkarrieren darf nach BGH entgegen einer teilweise in der arbeitsrechtlichen Literatur vertretenen Auffassung nicht abgestellt werden.

Praktische Bedeutung

Was bedeutet die aktuelle Entscheidung praktisch? Auch wenn jeder Unternehmensführung an einem möglichst guten Verhältnis zum Betriebsrat gelegen sein muss, zeigt die jetzige Entscheidung auch, welche Risiken damit verbunden sein können, wenn Arbeitgeber es zu gut meinen. Das gilt nicht nur bei der in der Praxis kleinerer und mittlerer Unternehmen eher seltenen kompletten Freistellung von Betriebsratsmitgliedern von der Arbeitspflicht und der Vergütung. Auch bei kleineren Unternehmen können Betriebsratsmitglieder durch „Zuwendungen“ wie das zur Verfügung stellen auch privat zu nutzender Dienstwagen, durch großzügige Regelungen bei Reise- und Hotelkosten, durch großzügige Pauschalierung oder Budgetierung von Kosten der Betriebsratstätigkeit ohne Nachweis und/oder Kontrolle begünstigt werden.

Wer das als Arbeitgeber strafrechtliche Risiken vermeiden will, sollte in Grenzfällen qualifizierten Rechtsrat einholen, bevor er entsprechende Vereinbarungen trifft.